Die Chronik der Blaskapelle Mintraching

Albert Hintermeier erzählt, wie es zur Gründung der "Landjugendkapelle Mintraching" kam und welche Hürden zu überwinden waren, bis sich die "Blaskapelle Mintraching" dauerhaft etablieren konnte.

Die Gründung der heutigen Blaskapelle Mintraching hatte eigentlich ihren Ursprung in der bereits vorher, bis ca. 1951/52 im Ort bestehenden Kapelle. Diese hielt die letzte Zeit ihre Musikproben im Hause von Ludwig Riedhammer ab, welches von meinem Elternhaus nur ungefähr 50 Meter entfernt lag.

fronleichnam1960-1.jpg-description

Ich erinnere mich noch gerne daran, wie mein Bruder Hans und ich an langen Sommerabenden bei offenem Fenster den Melodien lauschten. Bereits hier wurde bei uns das Interesse zum Musizieren geweckt, eine sangesfreudige Familie waren wir sowieso. Der Wegzug der Familie Riedhammer und die Auflösung der Kapelle beendeten allerdings diese kostenlose musikalische Unterhaltung. Zwischendurch gab es noch ein paarmal ein Wiedersehen mit Ludwig Riedhammer und seinen Söhnen Ludwig und Josef, so z.B. an Fronleichnam. In Mintraching war es üblich, dass an diesem Tag eine Blaskapelle die kirchliche Feier umrahmte. Da im Umkreis keine Kapelle aufzutreiben war, holte man unter erheblichem finanziellen Einsatz einige Mitglieder der Bergmannsknappenkapelle von Auerbach hier her, versorgte sie und brachte sie wieder zurück.

Dazwischen lagen längere Zeiten musikalischer Abstinenz in unserem Dorf, bis im Sommer 1960 Musikmeister Ludwig Riedhammer jun. mit der von ihm aufgebauten Auerbacher Knabenkapelle auf der Rückfahrt von einer Veranstaltung in seinem Geburtsort Mintraching halt machte und mit den Buben ein eindrucksvolles Konzert gab. Alle Zuhörer waren begeistert. Noch Tage danach sprachen wir von diesem Auftritt. Meine Mutter, um Ideen nie verlegen, meinte, dass so etwas doch auch bei uns zu machen sein müßte. Deshalb setzte ich mich mit Ludwig Riedhammer in Verbindung und bat ihn um Rat. Er fand unsere Idee gar nicht so abwegig und erklärte sich bereit, die Ausbildung zu übernehmen, wenn mindestens 15-20 Lernwillige aufzutreiben wären.

Eine Umfrage im Freundes- und Bekanntenkreis brachte manche Zustimmung, aber auch Skepsis, ob denn dieser Gedanke zu verwirklichen sei. Trotzdem fanden sich genügend Interessenten, um nach Rücksprache mit dem künftigen Ausbilder eine Gründungsversammlung einberufen zu können.

kapelle1961.jpg-description

Während der Versammlung konnten noch weitere Mitglieder hinzugewonnen werden, so dass am Ende 18 Burschen bereit waren, ein Instrument zu erlernen. Wir waren alle Mitglieder der sehr aktiven und von Herrn Pfarrer Birner aufgebauten Kath. Landjugend, die von meinem Bruder Hans als deren gewählter Obmann geführt wurde.

Unsere Euphorie bekam bereits während der Versammlung ihren ersten Dämpfer, da ein Großteil der Anwesenden nur Trompete lernen wollte. Kapellmeister Riedhammer klärte uns auf, dass erst das Zusammenwirken verschiedener Instrumente eine Blaskapelle ergäbe. Zudem sei nicht jeder für Trompete geeignet. Aber die hohen Kosten der anderen Instrumente bestärkte manchen noch mehr, bei seinem Entschluß zu bleiben. Fast hätte das schon das Ende der zu gründenden Kapelle sein können, wäre nicht die eher beiläufige Bemerkung eines im Nebenraum sitzenden Gastes gehört worden, doch eine Sammlung im Ort durchzuführen. Diese Idee könnte die Lösung der Finanzprobleme sein.

Sie wurde aufgenommen, diskutiert, und nachdem sich Pfarrer Birner und mein Bruder Hans bereiterklärten, diese unbequeme Aufgabe zu übernehmen, stand der Gründung der "Landjugendkapelle Mintraching" nichts mehr im Wege. Laut Liste erbrachte die Sammlung das Ergebnis von DM 2.584,--, das sich wie folgt aufgliederte:

Für die Erstausstattung der Kapelle wurde ein Betrag von DM 8.700,-- ausgegeben. Nach Abzug des Sammelerlöses verblieben den Mitgliedern noch Eigenaufwendungen in Höhe von DM 6.116,--. Wegen der unterschiedlichen Anachaffungskosten wäre eine Puschalaufteilung der Spende nicht sinnvoll gewesen. Flügelhörner, Trompeten, Posaunen und Klarinetten kosteten je Stück ca. DM 350,--, die Tenorhörner DM 500,--, die Tuba allein schon DM 1.500,--.

Es wurde so verfahren, dass kein Mitglied mehr als DM 300,-- zahlen musste, mit Ausnahme derer, die ihr Instrument selbst kauften. Letzteren ist es zu verdanken, dass den damals finanziell weniger gut gestellten ein höherer Zuschuß gegeben werden konnte. Da sich die Auslieferung verschiedener Instrumente länger als erwartet hinzog, konnte mit der regelmäßigen Probenarbeit erst im Februar 1961 begonnen werden. Trotzdem hatten einige Mitglieder bereits am 6. Januar ihrer ersten "Auftritt" anläßlich des Theaters "Die Pfingstorgel", wo es sich bekanntlich darum drehte, dass die fahrenden Musikanten den geizigen Bauern von "Mauth" eine Kirchenorgel stifteten, um einem Versprechen zufolge der Tochter des reichsten Bauern die Heirat mit einem Musikanten nicht mehr verwehren zu können. Bei diesem Auftritt wurde dem Publikum nur gezeigt, dass wir bereits das Instrument richtig halten konnten. Allerdings brachte ich als einziger schon eine einfache Melodie auf der Trompete zu Gehör. Der Grund meines "Könnens" lag darin, dass mir bereits im Sommer 1960 Josef Saller - er war einige Jahre Musiker in der ersten Mintrachinger Blaskapelle - seine Trompete leihweise überließ und ich deshalb den anderen etwas voraus war. Am Schluß des Singspiels, dessen Erlös zum Teil auch der neugegründeten Kapelle zugute kam, wurde noch in Versform das Publikum auf die bevorstehende Sammlung hingewiesen.

Geprobt wurde beim Baumannwirt (Gaststätte Förg) jeden Freitagabend, Samstag ganztägig in Gruppen, abends Gemeinschaftsprobe und teilweise auch noch sonntags. Der Ausbilder setzte uns so unter Druck, dass wir an Kirchweih schon ein kleines Konzert im Freien geben konnten.

Folgende Stücke wurden aufgeführt:

Viel Beifall war der Lohn für diese erste geschaffte Hürde. Bis zu diesem Auftritt hatten bereits einige Mitglieder aufgegeben, neue kamen hinzu. In der folgenden Zeit stellte sich immer mehr heraus, dass fehlendes Musikgehör selbst durch großen Fleiß nicth ersetzt werden kann. Auch das intensive Betreibenanderer Hobbys oder einfach die fehlende Lust am Musizieren führte bei manchem zur Aufgabe.

Ein schwerer Schlag für die Fortentwicklung der Kapelle war die Erkrankung des Musikmeisters. Sie zwang ihn, die Ausbildung bei uns einzustellen. Da wir musikalisch noch nicht auf eigenen Füßen standen, mußten wir unbedingt nach einem neuen Ausbilder Ausschau halten. In der Zwischenzeit bemühte sich Pfarrer Birner um so mehr um den Erhalt der Kapelle, außerdem wurde durch uns manchem in vielen Einzelstunden Hilfestellung geboten. Für kurze Zeit konnte ein Ausbilder gefunden werden, doch dessen Art wurde nicht angenommen und hätte vermutlich zu einem Zusammenschmelzen der Kapelle auf ein paar Unentwegte geführt. Also trennte man sich von ihm. Felix Endres, ein früherer Militärmusiker aus Mintraching, übernahm die weitere Ausbildung für 1 1/2 Jahre. Nach dieser Zeit wurde die Ausbildung selbst durchgeführt und bis heute hat sich daran nichts geändert.

kapelle1970.jpg-description

Ein großes Problem war über viele Jahre die Suche nach einem geeigneten Probelokal. Manches Leistungstief der Kapelle hatte hier seine Ursachen.

Die erste Zeit unseres Bestehens probten wir, wie schon erwähnt, im Förgsaal. Da der Saal aus verständlichen Gründen im Winter nicht ständig beheizt werden konnte, war ein Proben zu dieser Zeit nicht möglich. Ein Ausweg bot sich durch das Entgegenkommen von Mitglied Hans Holzer, der uns für den Winter das beheizte Kesselhaus seiner Brennerei und für die folgende Zeit sowohl die Schleppergarage als auch die Lagerhalle zur Verfügung stellte. Später musste auch die Backstube der Bäckerei Stierstofer für die Proben in kelinen Gruppen herhalten. Ein Versuch, im unteren Schulsaal der alten Knabenschule zu proben, scheiterte an der ungünstigen Akustik. Zudem wurde eine Lärmbelästigung der Anwohner befürchtet. Einen Sommer lang war die Garage von Mitglied Hans Hintermeier unser Domizil, für den folgenden Winter musste aber wieder Ausschau nach einem neuen Unterschlupf gehalten werden. Die Lösung bot sich in der beheizbaren Garage von Hans Parzefall, Schwaighof, und dort fühlte sich auch niemand gestört. Später war ein Kellerraum von unserem Mitglied Herbert Schnabl ein willkommenes Probelokal, doch auf Dauer konnten wir ihm diese Nutzung nicht zumuten.

Seit einigen Jahren steht uns das Besprechungszimmer der Turnhalle zur Verfügung. Es ermöglicht, dass zu jeder Jahreszeit geprobt werden kann. An dieser Stelle sei allen Genannten und der Gemeinde herzlich gedankt.

Höhen und Tiefen wechselten sich in unserer Gemeinschaft mit einer gewissen Regelmäßigkeit ab. Waren wir im 2. Jahr sogar einmal 22 Mitglieder, schrumpfte in den Jahren danach die Kapelle auf 12 zusammen. Durch intensive Heranbildung von Nachwuchs und den Eintritt von bereits erfahrenen Musikern konnte sich unsere Gruppe festigen. Da der Name "Landjugendkapelle" nicht mehr zutraf, nannten wir uns ab 1972 "Blaskapelle Mintraching" und traten 1974 dem Nordbayerischen Musikbund bei.

Seit 1975 gab es trotz einiger Austritte keine größeren Leistungseinbrüche mehr, da immer rechtzeitig für Ersatz gesorgt wurde. Außerdem standen uns Theo Portenhauser und Max Schnabl immer gerne zur Verfügung, wenn Not am Mann war. Max Schnabl wurde deshalb 1981 zum Ehrenmitglied ernannt, worauf er für alle Mitglieder Vereinsabzeichen anfertigen ließ.

Auch die freundschaftlichen Verbindungen zu Mitgliedern anderer Kapellen bieten zusätzlich Gewähr, dass selbst bei Engpässen die uns verpflichtenden Veranstalter zufriedengestellt werden können.

Im Jubiläumsjahr 1985 zeigte sich die Kapelle mit ihren 18 Mitgliedern musikalisch in bester Verfassung, was Freunde und Kritiker bei den Festveranstaltungen feststellen konnten.